Neue Massstäbe am SBB-Hochhaus «Led Zeppelin»
Mit dem Projekt «Led Zeppelin» realisiert die SBB an der Regensbergbrücke in Zürich ein aussergewöhnliches Hochhaus, das städtebaulich, architektonisch und energetisch neue Massstäbe setzt. In direkter Nachbarschaft zu den Bahngleisen entsteht ein funktional durchdachtes Gebäude mit einem hohen energetischen Eigenversorgungsgrad von über 66 Prozent – ein Vorzeigeprojekt in Sachen klimafreundliches und zukunftsgerechtes Bauen.

Für die SBB ist das Projekt «Led Zeppelin » Teil einer langfristigen Strategie: eigene Grundstücke in zentraler Lage optimal nutzen und nachhaltig weiterentwickeln. «Das schont Raum, wirkt der Zersiedelung entgegen und trägt zur Finanzierung des Bahnsystems bei», erklärt Thomas Rinas, Gesamtprojektleiter bei der SBB. Statt Flächen zu verkaufen, investiert die SBB in eine sinnvolle Verdichtung, die sowohl Wohnen als auch Arbeiten am und im Umfeld des Verkehrsknotenpunktes Bahnhof Zürich-Oerlikon attraktiv macht. «Das bringt mehr Menschen auf die Bahn und verschiebt den Modalsplit zugunsten der umweltschonenden Mobilität», erklärt er.
Das Grundstück an der Regensbergbrücke mit rund 3200 m2 ist städtebaulich anspruchsvoll: Es liegt zwischen Bahngleisen und der ansteigenden Strasse. Der Siegerentwurf des Zürcher Büros Studio SERA – Studio Esch Rickenbacher Architektur AG – löst diese Herausforderung mit einer kompakten, ressourcenschonenden Bauweise, modularer Funktionalität und einem hohen gestalterischen Anspruch an die Freiräume.
Gebäude wird zum Kraftwerk
Ein besonderes Merkmal des Projekts ist seine energetische Konzeption. Das Gebäude soll sich zu über 66% selbst mit Energie versorgen können. Dieses Ziel wird durch ein ganzes Bündel technischer, baulicher und betrieblicher Massnahmen erreicht. Im Zentrum steht eine grossflächige Photovoltaikanlage auf Dach und Fassade mit einer Leistung von rund 486 kWp. Der lokal erzeugte Strom speist die Grundfunktionen wie Lüftung und Kühlung und kann teilweise auch direkt von den Mietparteien genutzt werden. «Das Gebäude wird so selbst zum Kraftwerk – und die Eigentümerin zur Stromproduzentin», erklärt das Architektenteam von SERA. Ein intelligentes Lastmanagement sowie die Möglichkeit zur Einbindung der Überschüsse ins regionale intelligente Netz (Smart Grid) runden das Konzept ab.
Kühlung liefert ein hocheffizientes System mit Rückkühlern und Klimageräten. Die Wärmeabgabe in den überirdischen Geschossen erfolgt über effiziente und schnell reagierende Brüstungsklimageräte, die, von aussen nicht sichtbar, in die Fassadenbänder integriert sind. Die Geräte funktionieren mit einem Raumthermostat, der die Raumtemperatur misst. Ist die Temperatur unter der gewünschten Raumtemperatur (beispielsweise +21 °C), stellt das Gerät den eingebauten Ventilator an, womit die Luft durch den Wärmetauscher gezogen und aufgeheizt wird. Im Kühlfall (im Sommer) sind die Geräte in der Lage, interne Wärmequellen (z. B. Personenwärme) optimal zu nutzen und bei Bedarf nach aussen abzuführen. Ergänzend wird die thermische Speichermasse der massiven Bauteile (z. B. Böden und Wandverkleidungen) zur passiven Kühlung genutzt: Durch Nachtauskühlung kann gespeicherte Wärmeenergie der Speichermassen kontrolliert abgeleitet werden. Zusätzlich sorgen aussenliegende Storen sowie ein optimierter Glasanteil für wirksamen sommerlichen Wärmeschutz bei gleichzeitig guter Tageslichtversorgung.
Der winterliche Wärmebedarf, der nicht durch interne Abwärme gedeckt werden kann, wird durch das Fernwärmenetz Zürich-Nord versorgt, das derzeit grösstenteils CO2-neutral betrieben wird.
Flexibel, rückbaubar und zirkulär gedacht
Auch Aspekte der Kreislaufwirtschaft fliessen in die Planung ein. So basiert die Tragstruktur der Regelgeschosse auf einer vorfabrizierten Holzkonstruktion, die nicht nur leichter als eine Stahl- oder Stahlbetonkonstruktion, sondern auch rückbaubar ist. Die Fassadenelemente bestehen ebenfalls aus Holz und werden mit lösbaren Schraubverbindungen montiert – was Reparaturen erleichtert und eine spätere Wiederverwendung ermöglicht (Design for Disassembly). Der Sockelbereich und der vertikale Erschliessungskern des Gebäudes werden in Massivbauweise mit möglichst viel rezykliertem Beton erstellt. «Ziel ist es, technische, wirtschaftliche und ökologische Anforderungen ganzheitlich zu vereinen», so das Architektenteam von SERA.
Bei der Planung der Geschosse wird zudem auf Modularität geachtet, sodass sie unterschiedliche Nutzungen aufnehmen können – von Büroflächen, Gesundheitsnutzungen, Bildungsangeboten bis zur Gastronomie. Dafür sind im Sockelbereich des Gebäudes Fassadenöffnungen vorgesehen, die einen späteren Umbau von Lagerräumen in beispielsweise Bürooder Dienstleistungsflächen ermöglichen. Die Nutzungsflexibilität bildet ein zentrales Thema des Entwurfs. Technische Reserven wurden frühzeitig mitgedacht, um auf zukünftige Veränderungen oder Nutzungsanpassungen flexibel reagieren zu können.
Zukunftsgerechtes Bauen im Fokus
Für die SBB ist das Projekt mehr als ein einzelnes Gebäude. «Wir denken Planung, Betrieb, Unterhalt und Rückbau ganzheitlich», betont Rinas. Das zeigt sich unter anderem in den ambitionierten Klimazielen für die Bauphase, dem Fokus auf Energieeffizienz und der langfristigen Wiederverwendbarkeit der eingesetzten Materialien. Auch die Gestaltung von Ausgleichsflächen und attraktiven Aussenräumen gehört zum Anspruch eines zukunftsgerechten Bauens – gerade an verdichteten Orten. Die Gleisebene wird vom Studio Céline Baumann bewusst mit Ruderalpflanzen naturnah belassen; schattenspendende Bäume sorgen für Begrünung und Aufenthaltsqualität auf der barrierefrei zugänglichen Stadtebene. Mit dem Projekt strebt die SBB eine SNBSGold-Zertifizierung (Standard für Nachhaltiges Bauen Schweiz) an.
Mit dem Hochhaus bei der Regensbergbrücke will die SBB zeigen, dass ökologische und ökonomische Interessen kein Widerspruch sein müssen. «Innovative Lösungen zahlen sich langfristig aus – auch finanziell», ist Rinas überzeugt. Die Kombination aus urbaner Nachverdichtung, hoher Energieeffizienz, Kreislaufwirtschaft und architektonischer Qualität macht das Projekt zu einem Vorbild für nachhaltige Immobilienentwicklung – nicht nur für Zürich, sondern für die ganze Branche.
Dieser Fachartikel ist am 17. Oktober 2025 in der Fachzeitschrift Phase5 erschienen.
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